Schuls - Meran - Bozen - Toblach - Longarone - Trento - Gardasee - Chiasso
7. - 15. Juni 2012
Die Tour 2012 plante Ueli und wir wagten uns erstmals nach Italien. Bisher hatten wir dieses Land immer zurückgestellt, weil wir dachten, es sei nicht Radfahrer-freundlich. Wir sollten aber
eines Besseren belehrt werden.
Teilnehmer - unsere alte Truppe: Ueli, René, Bruno und Melchior
Urs musste leider am Tag vor der Abfahrt gesundheitshalber absagen. Er holte unsere Tour dann im August alleine noch nach! (siehe Nachtrag 2)
Gesamtüberblick unserer Route (Übernachtungen):
Scoul - Reschenpass -Schlan ders - Bozen - Brixen - Bruneck -Toblach - Lago di Misurina - Cortina d'Ampezzo - Longarone - Feltre - Borgo - Trento - Rovereto - Nago[nbsp](Gardasee) - Vestone - Casto -Bergamo - Brivio - Como - Chiasso (Göschenen - Flüelen)
1. Tag
Scoul - Reschenpass - Schlanders
84 km, 4.15 Std.
Mit dem Zug fahren wir nach Scoul, wo wir unsere Tour 2012 um 11.30 Uhr starten. Der Reschenpass ist dank gleichmässiger Steigung angenehm zu fahren und bald nachher können wir auf den Etschtal-Radweg einschwenken. Meist auf schönen Radwegen oder wenig befahrenen Strassen geht es zuerst coupiert dem Reschensee entlang und dann Tendenz abwärts durch das Pinschgau nach Schlanders.
Es wäre eine Genussfahrt durch viele Obstplantagen, wenn nur der sehr starke Gegenwind nicht so störend wäre.
2. Tag
Schlanders - Meran - Bozen - Brixen
118 km, 5.15 Std.
Auch heute bis Bozen wieder Tendenz abwärts auf dem Etschtal-Radweg. Leider auch heute wieder starker Gegenwind. In Meran machen wir einen kurzen Besichtigungsstopp und in Bozen treffen wir gerade rechtzeitig zum Mittagessen ein.
Ab Bozen fahren wir nun in nördlicher Richtung immer leicht steigend nach Brixen. Es überrascht uns angenehm, dass es in diesem schmalen Tal neben der Brennerautobahn und der Eisenbahn einen gut ausgebauten Radweg gibt. Unterwegs ein kurzer Regenschauer, der uns die Regenkleider anziehen lässt.
In Brixen feiert der Männergesangsverein sein 150-jähriges Bestehen mit einer Freiluftveranstaltung. Sehr eindrücklich, was hier geboten wurde.
3. Tag
Brixen - Bruneck - Toblach
75 km, 4.45 Std.
Der Radweg führt uns nach Brixen über Wald- und Wiesenwege in die Höhe bevor wir ostwärts ins Pustertal abbiegen. Nach dem Mittagshalt im schönen Städtchen Bruneck wird der Radweg wegen einer Baustelle aufwärts in den Wald umgeleitet. Irgendwie verpassen wir wohl eine Abzweigung um wieder auf den richtigen Weg zu kommen. Es steigt und steigt und steigt auf losem Untergrund, so dass Velo schieben angesagt ist. Ein kurzer aber kräftiger Regenguss macht die Schinderei auch nicht angenehmer. Nach langem Umweg kommen wir dann doch wieder auf den Radweg und als Belohnung können wir bei wieder sonnigem Wetter erstmals die Dolomiten aus der Ferne bestaunen.
In Toblach finden wir rasch eine Unterkunft, bevor es stark zu regnen beginnt. In einem Festzelt einer Krebs-Benefizveranstaltung genehmigen wir uns bei frischen Temperaturen den Schlummertrunk.
4. Tag
Toblach - Lago di Misurina - Cortina d'Ampezzo - Longarone
104 km, 5.45 Std.
Die ganze Nacht und auch am Morgen regnet es in Strömen. Rechtzeitig zur Abfahrt hellt es aber auf. Auf einer groben Schotterstrasse fahren wir die nächsten km leicht aufwärts. Es ist das alte Trasse der Dolomitenbahn. Im Winter ist hier eine Loipe, die auch von Cologna und Co. bei Weltcuprennen benützt wird.
Unterwegs können wir einen kurzen Blick auf die im Halbnebel liegenden Drei Zinnen werfen. Da das Wetter noch trocken ist, beschliessen wir, die 400 Höhenmeter zum Lago di Misurina unter die Räder zu nehmen, um von dort aus die 3 Zinnen zu bestaunen. Und wirklich, für einen Moment können wir die 3 Zinnen bei Sonnenschein sehen.
Nach einer Abfahrt und einem weiteren Aufstieg erreichen wir den Passo tre Crocci. Hier ist fertig luschtig. In strömenden Regen fahren wir nach Cortina d'Ampezzo. Während des Mittagessen können wir uns halbwegs aufwärmen und abtrocknen. Es folgt nun eine rund 30 km lange Abfahrt. Das alte Trasse der Dolomitenbahn wurde hier zu einem Radweg ausgebaut. Zuerst noch Schotterweg, dann feiner Asphalt. Aber bei strömendem Regen ist so eine Abfahrt kein richtiger Genuss! Zum Glück trocknet es dann später aber ab. In unserer Euphorie darüber fahren wir prompt zu weit, d.h. wir müssen rund 100 Höhenmeter wieder zurück![nbsp]
Wieder im Regen fahren wir in Richtung Longarone, wo wir in einem Motel Unterkunft finden. Die Inhaberin einer Gelaterina erzählt uns von der grossen Katastrophe von 1963. Longarone wurde von einer riesigen Flutwelle getroffen und verschüttet. Rund 2'000 Tote gab es damals. Auf der gegenüberliegenden Talseite rutschte ein halber Berg in einen Stausee und eine riesige Flutwelle schoss über die Staumauer. Das heutige Dorf wurde etwas weiter oben wieder aufgebaut. Die Staumauer steht heute noch wie ein Mahnmal auf der andern Talseite. Der Stausee wurde jedoch nicht mehr gefüllt.
5. Tag
Longarone - Belluno - Feltre - Borgo (Valsugana)
119 km, 5.45 Std.
Auch heute wieder ein regnerischer Tag. Rund fünfmal Regenschutz anziehen und wieder abziehen. Nach Plan sollten wir bis Feltre dem Weg "via Claudia Augusta" folgen. Nach Belluno verlieren wir ihn und landen in einer Sackgasse auf einem einsamen Hof. Die Hofbewohner bestaunen uns, sie haben wohl noch nie Velotourenfahrer gesehen!
Bis Feltre nehmen wir deshalb die Hauptstrasse und nach der Stadt kurz eine Schnellstrasse, bis wir wieder auf dem richtigen Weg sind. Nach Arsié dann eine rasante Abfahrt ins Val Sugana, vorbei an alten Festungen aus dem 1. Weltkrieg. Dann bis Borgo auf einem wunderschönen Radweg dem Fluss Brenta entlang.
In Borgo ist das Tourismusbüro geschlossen und die Hotelsuche ist mühsam. Versteckt und ganz klein angeschrieben (haben es wohl nicht nötig Reklame zu machen) finden wir dann die Locanda in Borgo, mit sehr gediegenen Räumlichkeiten.
Das Nachtessen im Rist. San Giorgio ist auch Spitze; 12 Euro für Menu, inkl. Wasser und 1/4 l Wein pro Nase.
Borgo - Trento - Rovereto - Nago
93 km, 5.00 Std.
Den ganzen Morgen strömender Regen. Schade! Wir fahren weiter auf dem Radweg in Richtung Trento. Einige km vor Trento wird die Routensuche schwierig, bis René wieder auf ein Schild "via Claudia Augusta" stösst. Die Anfahrt nach Trento ist eine wahre Wasserschlacht, Wasser von unten (Strasse), von oben (Regen) und von der Seite (Autos)!!
Nach dem Essen in einem Kellerrestaurant fahren wir wieder dem Eschtal-Radweg entlang. Für einige Minuten trocken und dann wieder ... Regen!
In Rovereto zweigen wir in Richtung Gardasee ab und finden kurz vor Riva in Nago ein gutes und einfaches Hotel. Für einen Spaziergang zum See ist es dann aber doch zu weit, auch weil sich René unterwegs eine Zerrung am Bein zugezogen hat.
7. Tag
Nago - Vestone - Casto
89 km, 5.15 Std.
Kaum zu glauben! Ein prächtiger Tag kündet sich an. Blauer Himmel und Sonne, das haben wir nach drei Regentagen verdient. In Riva fahren wir dem See entlang auf die andere Seite. Dort haben wir auf der Karte einen Weg entdeckt, der zum Lago di Ledro führt. Der Weg erweist sich als alte Armeestrasse aus dem 1. Weltkrieg. Es ist ein Biker- und Wanderweg und nur in den Tunnels ist noch Asphalt zu sehen. Die echten Biker staunen nicht schlecht, wie wir mit unserem Gepäck dort zügig hochfahren.
Leider verpassen wir unterwegs eine Abzweigung und 200-300 Höhenmeter weiter oben = Sackgasse. Sch ....! Deshalb wieder Abfahrt und auf dem richtigen Weg zum See. Der letzte Anstieg ist hier sehr steil und nur durch Velo schieben zu bewältigen.
Nach dem Mittagessen bei der singenden Serviertochter auf dem Passo d'Ampola, geniessen wir wieder eine tolle Abfahrt nach Storo. Leider verfahren wir uns hier wieder einmal. Deshalb weiter auf der vielbefahrenen und holprigen Hauptstrasse nach Vestone und weiter leicht ansteigend nach Casto, wo wir im einzigen Hotel unser Nachtlager beziehen.
8. Tag
Casto - Iseo - Bergamo - Brivio
110 km, 6.00 Std.
Auch heute wieder tolles Wetter. Gleich nach dem Start folgen zwei Pässe. Obwohl sie nur gut 700 m hoch sind, gibt es einige Höhenmeter zu bewältigen, wenn man am Ausgangspunkt bei 200 Höhenmeter anfängt.
Nach Iseo finden wir praktisch keinen Radweg mehr, sondern wir müssen auf Hauptstrassen ausweichen. In Bergamo fahren wir kurz in die Stadt hinein bis zum grossen Monument beim Friedhof. Dann weiter bei viel, viel Verkehr in Richtung Como. In Brivio finden wir nach einigem suchen und fragen das B&B NINA. Die Inhaberin macht für uns ein 4-er Zimmer bereit. Das Zimmer und auch die andern Räume sind mit viel Liebe nach einem speziellen Stil hergerichtet. Eine Augenweide!
Das Nachtessen in der Taverna di Leonardo (2xFisch- + 2xFleisch- menue) mag da mit unserer Unterkunft nicht ganz mithalten.
9. Tag
Brivio - Como / Göschenen - Flüelen
42 km, 2.00 Std. / 34 km, 1.15 Std.
Das Morgenessen wird uns im Garten serviert. Alles Eigenproduktionen wie uns die Gastgeberin stolz erklärt. Auch das Geschirr und das Besteck scheinen von einer andern Zeitepoche zu sein. Einfach schön!
Die Fahrt nach Como verlangt von uns grösste Konzentration. Die Strasse ist zum Teil schmal und der Verkehr ist sehr gross und die vielen Camions sind breit. Ebenfalls Vorsicht ist geboten bei den unzähligen Kreiseln, die wir passieren müssen. So sind wir froh heil in Como angekommen zu sein. Die letzten km nach Chiasso hatten wir uns dann eigentlich ohne diese starke Steigung vorgestellt!
Um 10.50 Uhr sind wir beim Bahnhof Chiasso und dann geht alles etwas schnell, da wir gleich einen Zug haben. Wir verabschieden uns von René, der weiterfährt und schon fährt unser Zug. Verpflegung holen wir uns in Bellionzona fliegend und um 13.00 Uhr steigen wir schon in Göschenen aus. Weil die Bahnstrecke in Gurtnellen wegen eines Felsturzes unterbrochen ist, ist bis Flüelen wieder Velofahrt angesagt. Zuerst rasant hinunter mit Rückenwind bis Erstfeld und dann oh Schreck, bis Flüelen wieder starker Gegenwind. Trotzdem erreichen wir den Zug rechtzeitig, der uns nach Grenchen zurückbringt.
Am Abend sind wir mit unseren Frauen bei Urs - der wieder gesund ist - und Ursi zum Nachtessen eingeladen. Ein würdiger Abschluss unserer Tour. Herzlichen Dank Urs und Ursi.
Zusammenfassung
Gesamtdistanz: 868 km
Wir wurden von Italien angenehm überrascht. Wohl rund 80 % unserer Route fuhren wir auf gut ausgebauten Radwegen oder auf wenig befahrenen Nebenstrassen. Besonders im Südtirol lässt es sich gut Velofahren. Die Strecke von Bergamo nach Como fuhren wir auf der Hauptstrasse, dies ist allerdings weniger empfehlenswert.
Das Wetter spielte drei Tage lang leider nicht so mit. Vor allem am 4. und 6. Tag wurden wir regelrecht geduscht! Und windmässig scheint es für Velofahrer im Südtirol nur eines zu geben - Gegenwind!
Unterkunft fanden wir in der Regel problemlos und die Verpflegung - wie könnte es in Italien anders sein - sehr gut und Dank des tiefen Eurokurses erst noch preiswert.
Kein Plattfuss, kein Sturz, einziger Wehrmutstropfen war, dass Urs nicht dabei sein konnte.
Ueli, herzlichen Dank für die Organisation.
Nachtrag 1
René fuhr ab Chiasso allein weiter, am Samstag noch bis Faido = Total 155 km und am Sonntag nach Hause nach Hägglingen = nochmals 165 km! So konnte er eine Woche später mit gutem Gewissen zu einer Velotourenwoche rund um den Mont Blanc starten. Chapeau!!
Nachtrag 2
Der wieder genesene Urs fuhr unsere Route zwischen dem 11. - 16. August bei heissem Wetter, aber auch viel Gegenwind, solo und praktisch originalgetreu nach. Chapeau!!
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