von Santa Maria nach San Bernardino
1. - 5. Juli 2003
Teilnehmer: Doris und Markus Obertüfer, Luzern Doris und Melchior Moser, Grenchen
Für dieses Jahr hat Markus eine Wanderung in einem Gebiet ausgelesen, das uns wenig bekannt ist. Der Sentiero alpino folgt dem Hauptkamm der Bergkette, die das Calancatal und das Misox trennt.
Wenn ich schreibe Wanderung, ist das etwas tiefgestapelt. Denn der Sentiero alpino ist - wie der Name es auch sagt - ein anspruchsvoller Weg in alpinem Gelände und verlangt Ausdauer und Trittsicherheit. Der Weg ist vielerorts mit Drahtseilen oder Ketten gesichert.
Der Sentiero alpino kann in 3 - 5 Tagen gemacht werden. Wir entschlossen uns, den Weg inkl. An- und Abreise in 5 Tagen zu machen.
Nicht zu unterschätzen ist auch, dasss das Proviant mitgetragen werden muss, da von den vier Hütten unterwegs nur eine bewartet ist (Capanna Buffalora).
Anreise und Abreise: Mit dem Zug nach Bellinzona und nachher mit dem Postauto bis Santa Maria (2 x umsteigen). Rückweg ab San Bernardino mit Postauto nach Bellinzona.
1. Tag 3 1/2 Stunden
Santa Maria - Pian di Renten - Alp di Fora
Nach einer währschaften Polenta im Rest. Della Torre in Santa Maria starteten wir unser Abenteuer. Rund 1'000 Höhenmeter waren bis zum Pian di Renten zu bewältigen, auf einem meist steilen Bergweg, z.T. in der Diretissima. Direkt auf dem Pian di Renten kamen wir in einen Wolkenbruch und wir wurden "seichnass". Zum Glück war es bis zu unserer ersten Unterkunft nicht mehr weit.
Die Hütte Alp di Fora liegt auf 1'844 m ü.M. und ist unbewartet (Getränke vorhanden). Wir waren die einzigen Gäste und so hiess es sofort Feuer machen um unsere nassen Sachen auszubreiten und trocknen zu lassen.
Eine währschafte Suppe und "Notteler-Würste", serviert mit einem Vino di Casa half uns, den Kalorienspeicher wieder aufzufüllen und uns gut schlafen zu lassen.
2. Tag 5 3/4 Stunden
Alp di Fora - Capanna Buffalora
Bei herrlichem Sommerwetter wandern wir vorbei an den Felstürmen des Mottone mit den mächtigen Lawinenverbauungen Richtung Bosch Ner, (2'006 m). Immer mit Blick in das Calancatal in stetem Auf und Ab erreichen wir den Felskopf der Motta del Perdül, (2'003 m). Über die Alp d'Aion steigen wir zwischen Felsbändern und durch ein steiles Couloir auf dem "Nomnomweg" zum Gratübergang (2'427 m). Dieser kühne Abschnitt ist mit vielen Ketten gesichert, wobei die "Kettenmänner", wie wir sie nannten, bei unserem passieren noch an der Arbeit waren. Über den Pass de Buffalora (2'261 m) steigen wir zur Capanna Buffalora ab. Drois M. fühlt sich im Laufe des Abends schlecht, kann kaum Essen, und geht früh ins Bett. Alle hoffen, dass es morgen wieder besser geht!
Herzlichen Dank den Hüttenwartinnen Rosalyn und Anna für die tolle Bewirtung.
3. Tag 4 Std.
Doris M. geht es etwas besser, fühlt sich jedoch noch schwach. Da es am Morgen gewitterhaft ist und teilweise regnet, warten wir mit dem Abmarsch bis 11.30 Uhr. Das Wetter hellt auf und wir steigen zum Lagh de Calvaresc auf - von uns umgetauft wegen seiner Herzform in "Härzlisee" - und dann Richtung Piz de Ganan. Doris M. fühlt sich noch immer schwach und unsicher auf den Beinen. Für diesen ausgesetzten und glitschigen Weg ist uns dies zu gefährlich. So halten wir kurz Kriegsrat und beschliessen, dass Obertüfers nach Programm weitergehen und Doris und Melchior zur Capanna Buffalora zurückkehren und wir uns am andern Tag auf einer andern Route beim Rifugio Pian Grand wieder treffen wollen. So wandern wir in zwei Stunden wieder zur Capanna zurück, wo wir wiederum herzlich empfangen werden und eine zweite Nacht verbringen können.
3. Tag Obertüfers
Capanna Buffalora - Rifugio Ganan 4. Std.
Nach der Umkehr von Mosers, queren wir weiter den ausgesetzten Pfad am Querhang des Fil de Dragiva bis zum Piz de Ganan (2'412 m). Hier haben wir ungefähr die Hälfte des Sentiero zurückgelegt. Weiter queren wir einen canyonartigen Einschnitt und kommen zum Rià di Ri (Bach). Noch ein kurzer Aufstieg und wir sind beim Rifugio Ganan.
Rifugio Ganan: Dies ist eine Selbstversorgerhütte mit max. 8 Schlafplätzen (dann wird es aber mehr als eng!). Matratzen, Wolldecken, Kochgeschirr und Gas sind vorhanden.
4. Tag Mosers
Capanna Buffalora - Rossa / San Bernardino Dorf - Rifugio Pian Grand 6 Std.
Doris hat sich gut erholt und ist wieder topfit. So nehmen wir bereits um 07.30 Uhr den Abstieg von der Capanna nach Rossa (1'000 Höhenmeter) unter die Füsse. In knapp 2 Stunden haben wir das Dorf erreicht und das Postauto bringt uns via Mesocco nach San Bernardino Dorf. Hier treffen wir wieder auf den Sentiero und auf einem Umweg erreichen wir in 4 Stunden das Rifugio Pian Grand, wo uns Obertüfers bereits mit Willkommenstee begrüssen.
Rifugio Pian Grand ( 2'398 m); das sind zwei Selbstversorgerhütten ohne jeglichen Komfort für max. 12 Personen. (WC siehe Foto). Matratzen, Wolldecken Gas- und Kochgeschirr sind vorhanden. Die eine Hütte dient gleichzeitig auch als "Küche". Zuerst sind wir nur zu viert, zuletzt dann 12 Personen, je sechs pro Hütte und es ist eng!! Trotzdem kochen wir ein feines Risotto mit Steinpilzen und Melchior zaubert noch ein "Halbeli" aus dem Rucksack Die kalten Temperaturen lassen uns schon vor 21.00 Uhr unter Berge von Wolldecken kriechen! In der Hütte ist es zügig und kalt (7 Grad), so dass uns sogar Mützen und Handschuhe gute Dienste leisten!
Ein veritables Hüttenerlebnis!
4. Tag Obertüfers
Rifugio Ganan - Rifugio Pian Grand 6 Std.
Mit Maus "Fridolin" (tauften wir so) und einem weiteren Gast verbrachten wir eine stürmische Nacht (wettermässig!). Am andern Tag lenkten schon kurz nach dem Abmarsch vom Rifugio Steinböcke, Gämsen und Murmeltiere unsere Blicke weg vom Weg. Stehen bleiben und dann schauen war oberstes Gebot. Der Pfad zwischen dem Fil de Ciar (2'346 m) zum Fil de Büscenel (2'157) ist sehr ausgesetzt. Jäh fällt das Gelände fast tausend Meter in die Tiefe des Calancatal.
Herrlich einsam war es dann am Lago Trescolmen, ein letzter Erholungspunkt vor dem immer steiler werdenden Aufstieg zur Cresta Bedoletta, dem höchsten Punkt unserer Wanderung (2'514 m). Kaum auf der Krete, erblickten wir unser Tagesziel, das Rifugio Pian Grand. Hier wurde unser Wandergrüppchen wieder vervollständigt.
5. Tag
Rifugio Pian Grand - San Bernardino 3 Std.
Nach der kalten Nacht mit mehr oder weniger Schlaf wärmt uns ein feiner Capuccino, serviert von unseren Hüttengenossen Martin und Chäschpi wieder auf. Bei schönstem Wetter steigen wir nach San Bernardino (1'608 m) hinunter, dem Endziel unserer Bergwanderung und des Sentiero Alpino Calanca.
Die Rückreise mit dem Postauto (gute Verbindungen) nach Bellinzona und mit dem Zug weiter nach Luzern war dann nur noch Formsache.
Zusammenfassung
Wir bereits in der Einleitung gesagt, ist der Sentiero ein anspruchsvoller Weg in alpiner Umgebung. Um den Sentiero voll geniessen zu können, ist eine gehörige Portion an Trittsicherheit und Schwindelfreiheit Voraussetzung. Besonders bei nassen Wegen oder bei Nebel ist grösste Vorsicht geboten. Die Tour kann selbstverständlich auch umgekehrt gemacht werden (offizielle Wegbeschreibung ist von San Bernardino Dorf aus).
Imposant: Während der Wanderung begegneten wir unterwegs nur den zwei Wegarbeitern (Kettenmänner) am Fil de Nomnom. Sonst waren wir immer "allein auf weiter Flur". Da sorgten die Begegnungen bei den Hütten für etwas Abwechslung.
Eine detaillierte Wegbeschreibung befindet sich im Internet
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